Noch vor sechs Jahren häuften die Zentralbanken verschiedener Staaten Gold nicht in derart grossen Mengen an. Ob Polen, das letztmals vor knapp 40 Jahren Gold erworben hatte und nun Ägypten 9 Tonnen Goldbarren abkaufte, oder der Irak, der Anfang Jahr 6,5 Tonnen Gold anschaffte – jedes Land lässt sich offenbar vom vielversprechenden Goldrausch mitreissen. Dieser Kaufansturm auf das Edelmetall kommt nicht von ungefähr: Durch plötzlich sinkende Goldkurse hatten die Zentralbanken die Möglichkeit, Goldkäufe zu interessanten Preisen zu tätigen. Die staatlichen Geldinstitute konnten dabei auch vom mangelnden Interesse an Gold der Hedge Fonds und Privatanleger profitieren. Insgesamt konnten die Zentralbanken zwischen Januar und September 2018 nicht weniger als 264 Tonnen Gold erwerben. Dies bedeutet seit 2012 Rekord und könnte einen neuen Höchstwert erreichen, wenn die Attraktivität des Goldes für die Zentralbanken weiterhin steigt.
Doch welche Gründe bewegen die Zentralbanken, insbesondere in Schwellenländern, in Gold zu investieren? Und vor allem, weshalb gerade jetzt? Unabhängigkeit vom US-Dollar scheint der Hauptgrund für diese Goldgräberstimmung zu sein. Es ist kein Zufall, dass Russland, die Türkei und Kasachstan angesichts ihrer getrübten Beziehungen zu den USA in den letzten Jahren als besonders aktive Goldkäufer auftraten. Womöglich hat Moskau nächstes Jahr die gleich hohen Goldreserven wie Paris. Dies würde zu einer Diversifizierung der Devisenreserven führen und das Risiko amerikanischer Sanktionen ausschliessen. Gold würde als Schutzschild wirken und geopolitische Spannungen zwischen den Blöcken vermeiden, aber auch die Abhängigkeit vom Dollar verringern. Jedoch liegt Osteuropa derzeit beim Rennen nach Gold im Hintertreffen: Deutschland, Italien und Frankreich allein verfügen über ein Viertel der Goldreserven bei den Zentralbanken, die sich insgesamt auf schätzungsweise 33‘800 Tonnen belaufen.
ATCBG/FGE/ATC