Und wenn Gold revolutionärer wäre, als es den Anschein macht? Seit frühester Zeit wird das Edelmetall von Händlern verwendet und mischt gekonnt Rationales mit Irrationalem. Trotz seiner legendären, aber relativen Stabilität repräsentiert es vor allem heute einen Wert gegen das System. Denn dort, wo das derzeitige monetäre System auf der Verfügbarkeit unbeschränkter Kredite basiert, ist Gold nur in begrenzten Mengen verfügbar. Dadurch befindet sich das Edelmetall zwangsläufig im Randbereich eines teilweise volatilen Systems, da es weder durch die Zentralbanken manipuliert wird noch von allfälligen internationalen Währungskrisen betroffen ist. Was versetzt die Banken in Angst? Vor hundert Jahren versuchten die Finanzinstitute, den Einfluss des Goldes zu beschränken. 1914, als die Briten in den Ersten Weltkrieg eingriffen, unternahm die Zentralbank Englands alles, um die Konvertierbarkeit der Banknoten in Gold zu verhindern. Ein Entscheid, der schliesslich auf Anraten des Ökonomen John Maynard Keynes, aufgehoben wurde. Heute scheint Gold immer stärker ein Anti-System-Wert zu sein. Nicht umsonst starteten zu Beginn des Jahres 2018 die Zentralbanken in den östlichen Ländern einen beispiellosen Run auf Gold. Ihr Ziel: Sich gegen die Inflation des Dollars zu schützen. Ein Beispiel ist das Interesse Chinas, das eine beeindruckende Menge an US-Staatsanleihen besitzt. Würden die USA beschliessen, die Inflation zur Reduktion ihrer Schulden zu nutzen, hätte dies eine erhebliche Schwächung der chinesischen Wirtschaft zur Folge. Wenn China in Gold investiert, könnte es das internationale Währungssystem umgehen und sich so vor einer plötzlichen Abwertung des Dollars schützen. Wenn das Edelmetall heute ein Anti-System-Wert ist, dann ist es gleichzeitig auch ein Schutz für Länder, die sich den USA geopolitisch entgegenstellen. Denn wenn die USA ihre Konkurrenten vom internationalen Zahlungssystem Swift ausschliessen würden, könnten sich letztere durch genügend grosse Goldreserven vor dem Zusammenbruch ihrer Wirtschaft schützen.
ATCBG/FGE/ATC